Pustekuchen

Es gab schon sehr lange keinen persönlichen Beitrag mehr. Mein Alter Ego in den Weiten des Internets ist nur noch ein Schatten meines Konsums. Was zunächst schlecht und verwerflich klingt, war eine natürliche Entwicklung. Weg vom (rückblickend) peinlichen Tagebuch hin zur Empfehlungs- und Dokumentationszentrale. Was habe ich Interessantes gesehen, gelesen oder gehört? Welche kulturellen Phänomene sind mir aktuell aufgefallen? Eine Gedankendeponie ohne Zwänge und Format. Es geht um mich, aber nicht über mich. Ergibt das Sinn? 

Jetzt wird mal wieder ausgepackt. Um rückblickend einen (peinlichen) Tagebucheintrag zu haben, der mich gleichzeitig an bessere und schlechtere Zeiten erinnern soll. Es geht um Burnout und Depressionen. Der letzte Beitrag zu diesem Thema hieß Dem Burnout entgehen und durchatmen und wurde letztes Jahr als Warnung an mich selbst verfasst. Ich hatte es kommen sehen und wollte mich vor dem GAU bewahren. Den letzten hatte ich auch dokumentiert. Eine kurze Suche im Blog und ich finde mich im Jahr 2012 wieder. Ein Wust aus Gedanken zeigt mir, dass ich nicht für die Ewigkeit aus meinen Fehlern gelernt habe. Anscheinend reichte es für fünf bis sechs gute Jahre. Immerhin. Wahrscheinlich sind wir Menschen lernresistenter, als man erwartet. Da schafft man es mehrere Jahre, dem Burnout zu entgehen, wird blind für jedes Anzeichen und stempelt das Konzept letzten Endes als Aberglauben ab. Wäre ich drogenabhängig, wäre das anders scheiße, aber zumindest wäre das Problem ziemlich leicht zu erkennen und einzugrenzen. (Es ist nicht leichter zu bekämpfen, versteht mich nicht falsch!) Ab wann ist aber Arbeit zu viel Arbeit? Alltag zu viel Alltag? 

Psyche und Emotionen sind subjektive Bauwerke. Während meine Angst vor der Dunkelheit eine kleine Hütte ist, ist es im Kopf des Nächsten ein Hochhaus. So bauen wir uns über die Jahre hinweg eine kleine Stadt der Emotionen auf, ohne zu wissen, wie die inneren Städte der anderen aussehen. Wir können die Größenverhältnisse nicht einschätzen. Eigene Ängste und Sorgen kann man niemals mit denen anderer vergleichen. Subjektiv. Scheiße zu messen. Unsichtbar. Mein ausgebranntes Inneres liegt im Verborgenen. Man merkt es mir an, sieht aber die Ausmaße nicht.

Niemand hatte damit gerechnet. Ich selbst nicht. Die Arbeit schien so übersichtlich. Der Alltag so machbar. Am Ende ist einfach alles zu viel. Jede Nachricht. Jeder Wunsch. Er mag noch so klein sein. Solange ich das Gefühl habe, in irgendeiner Schuld zu stehen, drehe ich durch. Ich könnt heulen, tu es aber nicht. Bringt halt nichts. Einfach die Nachricht beantworten und hoffen, dass keine weitere Verpflichtung eintrudelt. Pustekuchen. Es ist ein reißender Strom aus Gefallen und Gefälligkeiten, in dem ich ertrinke, obwohl er von außen betrachtet ein schmaler, nicht allzu tiefer Bach ist.

Das klingt jetzt alles ziemlich schlimm. Es ist nicht gut, aber es sind die wichtigsten Schritte zur Besserung getan. Erkannt ist halb gebannt oder so ähnlich. Mit der Erkenntnis kann ich arbeiten. Ich kann es kommunizieren. Und mir wieder ein Mahnmal in mein Blog schreiben. 

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