Queer Eye

Unfassbar. Wie konnte dieses Format einfach an mir vorbeigehen? Natürlich hatte ich bereits von Queer Eye gehört, aber ich hatte es immer als gehässige Reality TV Show abgestempelt. Erst nach dem Tipp einer Freundin kam ich auf den Trichter. Sie beschrieb es als ihre Feel-Good-Sendung. Als ich dann einen Abend für mich entspannen wollte und nichts Konkretes auf der Watchlist hatte, navigierte ich mich auf Netflix direkt zu den „Fab Five“. Ich sah die erste Folge der fünften Staffel und ich war sofort hin und weg. Ein schwuler Pastor wurde sich selbst nicht gerecht und die fünf herzlichen Herren halfen ihm mit Liebe und Positivität auf die Sprünge. Ich schluchzte vor Freude. Die Freudentränen blieben auch bei der folgenden Episode nicht aus. Ich war hooked und konnte mir ein Leben ohne die positive Energie von Queer Eye nicht vorstellen.

Vielleicht hätte ich die Sendung früher schauen sollen. Vielleicht hätte mir diese Energie durch schwierige Lebensphasen hindurch geholfen. Vielleicht war jetzt aber auch der absolut richtige Zeitpunkt. Der Wunsch nach Veränderung, nein Verbesserung, resoniert mit mir seit einiger Zeit sehr. Und jeder Aspekt der Sendung animiert und inspiriert mich in dieser Hinsicht. Ich ziehe mich besser an. Mein neuer Haarschnitt war für mich ein Nobrainer. Ich koche viel mehr. Ich mache mir einen Ort zum Wohlfühlen. Und ich melde mich häufiger und bewusster bei meinen Liebsten. Am Ende des Tages hätte das alles auch ohne ein Netflix-Abo stattgefunden, aber ich bin trotzdem dankbar für dieses positive Beispiel an Lebensfreude.

Tatort, Donnie Darko und Stranger Things

Dark – Staffel 1 (2017)

Normalerweise kranken deutsche Serien daran, dass sie immer wieder die gleichen Kriminalgeschichten erzählen. Mutiger wird’s nicht. Auch Dark ist ein Krimi. So richtig Tatort-mäßig. Deutsche Kleinstadt, Kinder werden vermisst und die Kommissare gehören selbst in den Knast. Alles wie gehabt. Wenn es so wäre, hätte ich nicht weitergeschaut. Nein. Ich hätte Dark nicht mal angeklickt auf Netflix. 

In Deutschland ist sogenanntes „Genrekino“ Mangelware. Zwar laufen in unseren Cineplex-Kinos ausschließlich internationale Genrefilme, aber Science-Fiction aus Deutschland wird man deshalb noch lange nicht serviert bekommen. So die Annahme. Doch dann kommt plötzlich Netflix um die Ecke und ermöglicht zwei deutschen Filmemachern die kreative Freiheit, ihre Idee für eine Zeitreise-Geschichte zu verwirklichen. Dark ist geboren.

Dark ist zwar ein Krimi, aber auch Science-Fiction und Mystery. Und obwohl sehr viel wert auf die übernatürlichen Elemente gelegt wird, gehen die einzelnen Menschen in der Geschichte nicht unter. Ganz im Gegenteil. Die Charaktere sind großartig divers. Jeder einzelne hat Bedürfnisse und Probleme, die das Geschehen ins Rollen bringen. Wir haben markante Gesichter von jung bis alt. Die Serie ist ein Gegenstück zu all den glatten amerikanischen Kleinstadtserien, wo es nur so von jungen Models wimmelt.

Wenn ihr euch auch mehr schockiert als informiert abwendet, wenn ihr mit einer deutschen Produktion konfrontiert werdet, dann solltet ihr Dark eine echte Chance geben. Und wenn Dark Erfolg hat, ist es nur noch ein kleiner Schritt zum nächsten Genrefilm aus Deutschland oder Europa. Ich sag nur NAZI-PIRATEN FROM OUTER SPACE!

Teenie-Indie-Brit-Romcom-Dramedy-Serie

The End of the F**king World (2017)

Die Inspirationen sind mannigfaltig und die Prämisse dennoch genial. Ein psychopathischer Junge will seine rebellische Mitschülerin umbringen, die ihn auf einen Roadtrip der anderen Art entführt.

Besonders mochte ich den Mix aus amerikanischen Sehgewohnheiten und britischen Darstellern. Irgendwie hatte das etwas Magisches an sich, wenn man in einem tristen britischen Diner sitzt. Ich hatte jede Menge Spaß mit diesem bunten Serienstrauß und seinen knackigen 8 mal 20 Minuten. Es kamen so viele Klischees zusammen und dennoch war ich immer wieder überrascht, wie gut alles zueinander passte.

The End of the F**king World auf Netflix ansehen

Ex Machina auf Drogen

Annihilation (2018)

Mit Annihilation (dt. Auslöschung) hat Alex Garland erneut sein Gespür für dystopische Leinwand-Unterhaltung bewiesen. Irgendwo zwischen Arrival, Solaris und 2001: A Space Odyssey erweist sich Annihilation als bunte dystopische Metapher auf Alles und Nichts. Es ist ein Kammerspiel in einer schimmernden Parallelwelt voller grausam-schöner Ideen.

Ich vergebe 4 von 5 Prismen. Ich kann den Film nicht ohne Vorbehalt empfehlen. Schaut vorher den bekömmlicheren Ex Machina von Garland.

Annihilation auf Netflix sehen

The Fundamentals of Caring (2016)

Wie kann es sein, dass man einen so schönen Filmtitel zu Deutsch als „Umweg nach Hause“ betitelt?! Und das bei einer Veröffentlichung durch Netflix, die sonst so gute Strategen sind … Naja, ich wende mich mal lieber dem Inhalt zu:

Paul Rudd (Ant-Man) spielt einen Pfleger, der sich von seiner Vergangenheit distanzieren möchte. Er wird von Craig Roberts (Submarine) konfrontiert, der zwar körperlich eingeschränkt ist, der es aber faustdick hinter den Ohren hat. Alles läuft schnell auf einen Indiefilm-mäßigen Roadtrip durch die USA hinaus, wie wir es bei Little Miss Sunshine oder Away We Go kennen und lieben gelernt haben. Das wirkte auf mich erstmal ziemlich holprig und lieblos, aber die Dialoge, die folgen, machten alles wett.

The Fundamentals of Caring ist ein Film über Familie und Beziehungen, der allein von den Gesprächen der Charaktere lebt. Vor allem von denen zwischen Paul Rudd und Craig Roberts, die sich zynisch, aber liebenswert übereinander lustig machen. Das Alles basiert auf einem Buch, von dem ich keine Ahnung habe. Außerdem spielt Selena Gomez mit. Das war erst seltsam, aber sie macht ihre Sache gut.

Wer also noch nicht genug Indiefilme gesehen hat und sich für zwei tolle Schauspieler begeistern will, euch sei The Fundamentals of Caring wärmstens ans Herz gelegt. Aloha.

Stranger Things (2016)

Das Internet sprach: Stranger Things ist gut. Und es ward gut. So oder so ähnlich lässt sich meine Offenbarung zusammenfassen. Stranger Things wurde von Netflix auf allen Kanälen beworben und das Internet drehte bereits zum Erscheinen durch. Ich klickte seelenruhig die Werbung weg und ignorierte den Hype weitestgehend. Irgendwann kam ich aber nicht mehr umhin. Ich schaute die erste von acht Episoden. Und es ward Licht.

Stranger Things ist eine Mystery-Serie, die in den 80er-Jahren in einer amerikanischen Kleinstadt spielt. Sie fühlt sich wie ein verschollener Film an, der wieder ausgegraben wurde. Und für mich war das eine Offenbarung, weil ich als Kind der 90er nie guten Zugang zu den Perlen der 80er fand. Mit Stranger Things erlebte ich gleich drei Interpretationen dieser Zeit. In verschiedenen Interviews offenbarten die Macher der Serie, dass es drei große Einflüsse gab. Die Kinder in Stranger Things sind in einem Steven Spielberg Abenteuer, die Teenager in einem John Carpenter Horrorfilm und die Erwachsen durchleben einen Stephen King Roman. Dass diese Geschichten ineinandergreifen und funktionieren, ist eigentlich ein Wunder. Überhaupt ist die Charakterentwicklung bei so vielen Hauptfiguren überraschend gut gelungen. Von der schauspielerischen Leistung ganz zu schweigen. Das gesamte Ensemble spielt überragend.

Nachdem ich mehrere Kritiken las und Podcasts hörte, muss ich zugeben, dass ich Stranger Things wesentlich mehr abgewinnen konnte, als die meisten, die sowieso schon mit den Goonies, E.T. und Poltergeist aufgewachsen sind. Ich hatte sehr viel Spaß, weil es spannend erzählt und trotzdem optimistisch war. Das ist heutzutage nicht mehr der Normalfall, wenn man Serien der Sorte Game of Thrones, True Detective, House of Cards oder Breaking Bad gewohnt ist, wo jeder ein Antiheld und alles irgendwie Scheiße ist. Da war ich einfach mal froh, zu wissen, worauf es hinausläuft, und dass ich ganz naiv mitfiebern konnte. Ohne es mit den vorangegangenen Serien vergleichen zu wollen, war Stranger Things für mich eins der besten Serienerlebnisse der letzten Jahre.

Chef’s Table

Omnomnom! Schon wieder das Thema Essen. Diesmal isst aber das Auge mit. In der Doku-Serie Chef’s Table geht es um das Leben und Essen von Meisterköchen. In jeder Folge wird ein internationaler Koch in Szene gesetzt. Und wenn ich „in Szene gesetzt“ sage, dann meine ich in Szene gesetzt! Rauchschwaden ziehen in Zeitlupe durch die Küche, Nahrungsmittel werden in hochauflösenden Nahaufnahmen zur Kunst erklärt und die Köche als Götter dargestellt. Wenn man eine Folge beliebig pausiert, erhält man in aller Regel ein Bild, das man einrahmen und aufhängen könnte.

Inhaltlich passiert gar nicht so nicht viel. Chef’s Table zeigt in eindrucksvollen Bildern Weltklasse-Restaurants und präsentiert die obsessiven und kreativen Köpfe dahinter. Mit am spannendsten ist die Vielfalt an Orten und Charakteren. Weltweit schaut man den unterschiedlichsten Menschen dabei zu, wie sie ihr Handwerk perfektionieren. Und dabei hat jeder Koch irgendeine andere (Superhelden-)Fähigkeit und jeder hat einen anderen Lebensweg beschritten. Leider sind es vor allem weiße Männer, denen wir beim Kochen und Philosophieren zugucken, aber das ist wohl auch die Realität hinter den Herden der kulinarischen Oberklasse.

Foodporn mit klassischer Musik

Auf Chef’s Table trifft der Ausdruck „style over substance“ voll und ganz zu. Aber wie ich in der Vergangenheit schon des Öfteren hab anmerken lassen, bin ich ein großer Freund von visueller Pracht. Chef’s Table erinnert mich immer wieder an Indie Game The Movie, eine weitere Dokumentation über Macher und ihr Werk. Auch dort vermitteln die Bilder in Kombination mit der Musik von Jim Guthrie eine gewisse Ruhe, die mich sehr entspannt. Und dieses Gefühl habe ich auch, wenn ich Chef’s Table sehe und ich mich der klassischen Musik hingebe, die das Spektakel untermalt und neben den Speisen so viel Raum einnimmt wie die starken Bilder.

Der Mann hinter dieser Serie ist David Gelb, dessen Vater (oh welch Zufall) irgendwas mit klassischer Musik macht. Chef’s Table zählt als Nachfolger von Gelb’s Erstlingswerk Jiro und das beste Sushi der Welt, wo es um die Sushi-Legende Jiro Ono geht. Weil ich Japan mag, werde ich mir den Film auch mal ansehen. Doch vorher gucke ich die zweite Staffel von Chef’s Table auf Netflix und ihr solltet mindestens die erste Staffel gesehen haben. Da sind einige gute Folgen dabei (und es sind nur sechs).

House of Cards S04 (2016)

Nachdem die dritte Staffel von House of Cards sehr langatmig war und wenige abwechslungsreiche Geschichten erzählte, wirkt die vierte Staffel wie eine Wiedergeburt der Serie. Viel passiert, auch außerhalb des politischen Alltags, und die Underwoods erleben eine verdiente Weiterentwicklung. Wer House of Cards mag, wird diese Staffel mögen.

Daredevil S02 (2016)

Auch die zweite Staffel von Daredevil hat mich wieder überzeugt. Gefühlt sogar noch mehr als die erste Staffel, die mein Bild von gelungenen Superheldenserien seitdem prägt.

Wo noch in der ersten Staffel Wilson „Kingpin“ Fisk von der Randfigur zum Hauptdarsteller erhoben wurde, erhält der Punisher hier diese Aufmerksamkeit. Wir erfahren aber nicht nur, wie Frank Castle zum Punisher wird. Die zweite Staffel ist gefüllt mit alten und neuen Andeutungen, mit alten wie neuen Figuren (Elektra!) und einigen Referenzen zu anderen Netflixserien über Superhelden (Jessica Jones!).

Und wo die letzte Staffel am Ende schwächelte, war ich hier durchweg begeistert – und angeekelt – von der düsteren Stimmung und der immer aussichtsloseren Zukunft der Charaktere. Daredevil ist spätestens ab jetzt keine Serie für seichte Gemüter. Hier wird rücksichtslos zugeschlagen und geschossen. Körperlich und seelisch stehen die Charaktere nach 13 Folgen in einem Blutbad. Zum Glück trägt Daredevil rot.

Daredevil (2015)

Die Marvel-Serie über den blinden Anwalt Matt Murdock wurde kürzlich auf Netflix veröffentlicht. Bei Superheldenserien sollte man grundsätzlich skeptisch sein und so schaute ich die erste Folge ohne große Erwartungen. Doch BÄMM! Normalerweise reißen mich erste Folgen nicht mit. Daredevil hat es aber geschafft. Die Schauspieler gefallen. Die Darstellung von Gut und Böse ist eine große Stärke der Serie. Die Kampfchoreografien sind spannend und brutal. Die letzten Folgen fand ich leider etwas misslungen. Doch insgesamt war die Serie wie für mich gemacht und ich möchte sie nicht missen.