Game of Thrones S07 (2017)

Die siebte und vorletzte Staffel von Game of Thrones wurde mittlerweile mehrfach durchs Internet getrieben und bewertet. Die meisten fanden die Staffel episch und gut. Und viele andere störte ein großes Problem. Ein Problem, das auch mir die zweite Hälfte dieser Staffel vermieste: das Drehbuch. Die Schreiberlinge haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie es verstehen, gute Geschichten mit Intrigen und Verschwörungen zu schreiben, bewegen wir uns aber schnurstracks auf ein episches Finale zu, so entgeht ihnen plötzlich jegliche Vernunft und höhere Kreativität. Das mag vor allen Dingen an der mangelnden Federführung durch die Vorlage liegen. George R.R. Martin ist noch weit davon entfernt, einen ausformulierten Abschluss seiner Saga zu veröffentlichen. Anstelle von Intrigen tritt nun also die inszenierte Action und Geheimniskrämerei, wie wir sie von vielen Serien her kennen. Ein Glück, dass genug Geld und Können vorhanden ist, dass das immerhin fulminant und mit kinoreifen Effekten präsentiert werden kann.

Kurzum: Staffel 7 von Game of Thrones ist großes Kino mit all seinen Stärken und Schwächen. Sie ist so weit von Staffel 1 entfernt wie die Qualität zwischen Anfang und Ende dieser Staffel.

Lauter ist kein Film

Dunkirk (2017)

Christopher Nolan ist einer meiner Lieblingsregisseure. Er hat so seine Probleme mit Dialogen und Charakteren, aber er arbeitet visuell auf höchstem Niveau, er schätzt den Film als Medium und er arbeitet mit den besten der Branche zusammen. Zu meinen „Lieblings-Nolans“ zählen The Dark Knight, Inception und Memento Mori. Nachdem Nolan uns den Kopf und unseren Verstand bereits mehrfach verdreht hat, wagt er sich dieses Mal an historisches Materiel ohne krasse Wendungen und Sci-Fi-Einschlag.

Dunkirk erzählt die Schlacht von Dünkirchen – genauer gesagt: das Ende der Schlacht von Dünkirchen. Es geht nämlich um die Evakuierung von über 300.000 Soldaten, die auf der französischen Küste am Ärmelkanal feststeckten, während Nazi-Deutschland sie umzingelte. Dass es sich hier um einen echten Kriegsfilm handelt, wird ab der ersten Minute klar. Noch nie habe ich so laute Schüsse in einem Kinosaal gehört. Die Kugeln aus Schall drücken sich in das eigene Trommelfell, während sie den Figuren auf der Leinwand in Bleiform um die Ohren fliegen. Hier wird ums Überleben gekämpft und wir sind Teil dieser namenlosen Masse, die auf ihre Rettung wartet. Doch die metallenen Heilsbringer in Form von Kriegsschiffen der Royal Navy sind nur ein weiterer Käfig, in den man gedrängt wird, bevor die Nazis ihn zerstören und gewaltsam untergehen lassen. Zwei Stunden sind wir Teil des Kampfes, der keiner ist. Hier wird nur ums Überleben gekämpft und nicht gegen den Feind im klassischen Sinne.

Wer hat an der Zeit gedreht?

Wir sehen keinen General, der weit entfernt auf eine taktische Karte des Geschehens zeigt und halbkluge Dinge äußert. Wir verfolgen junge Soldaten zu Land, tapfere Piloten in der Luft und selbstlose Zivilisten, die über den Seeweg helfen wollen. Jeder dieser Einblicke ist hautnah, aber jede Erzählung hat eine andere zeitliche Dimension. Zum Beispiel verfolgen wir die Soldaten zu Land über einen Zeitraum, der einer Woche entspricht, während wir die Piloten eine Stunde lang begleiten. Dabei ist alles so ineinandergeschnitten, dass die Zeit zur Nebensache wird. Jede dramatische Wendung hat das gleiche Gewicht auf der Leinwand und in den Köpfen der Charaktere, egal innerhalb welchen Zeitraums sie sich ereignet. Die Erzählstränge treffen sich mit der Zeit und offenbaren andere Blickwinkel. So eine Form des Schnitts und so einen Umgang mit der Zeit habe ich bis dahin noch nicht erlebt. Viele werden zunächst verwirrt sein. Auch an anderen Stellen fernab des Zeitspiels ist der Schnitt irritierend. Dann leider wirklich so, dass man es als einen Fehler bezeichnen muss. Den Aufbau fand ich insgesamt gelungen und interessant. Nolan kann anscheinend keinen Film drehen, ohne seine Zuschauer auch nur ein bisschen verwirren zu müssen.

In diesem Video erklärt Nolan eindringlich, was die Ideen seines Films waren. Er war inspiriert von einem musikalischen Effekt. Die sogenannte Shepard-Skala suggeriert eine unendlich ansteigende Tonleiter. Hans Zimmer nutzt dies in Kombination mit dem Ticken einer Uhr, um eine ewige akustische Spannung aufzubauen. Währenddessen befasst sich Nolan im Bild mit der Idee, das visuelle Gegenstück zu erschaffen. Er möchte einen Film kreieren, der scheinbar pausenlos und zunehmend spannend wird. Und genau dies gelingt ihm ab der ersten Minute mithilfe der unterschiedlichen Handlungsstränge zwischen denen er hin- und herschneidet. Immer gibt es einen spannenden Moment. Nolan hat am Ende einen ganzen Film auf Basis der Hitchcockschen Suspense erschaffen.

Darf Krieg so gut aussehen?

Wer sich Dunkirk antut, bekommt also sehr viel Spannung auferzwungen. Pausen gibt es nur, wenn man sich den schönen Bildern hingibt, die zum Staunen einladen. Dunkirk ist trotz des Krieges eine Augenweide. Man verliert sich in der gigantischen Weite der Küste. Man kann sich nicht sattsehen an den Flugszenen zwischen den Wolken. Die Szenerie ist authentisch und wie geleckt. Es grenzt schon an eine Perfektion, die man von Kubrick erwarten würde. Und das Beste daran ist, dass der Film mit so wenig Effekten wie möglich auskommt. Es gibt Effekte, aber ich konnte sie kaum ausmachen, so perfekt sieht alles aus.

Am Ende bleibt mir nur noch eine Empfehlung auszusprechen. Dunkirk ist für alle, die etwas mit (Anti-)Kriegsfilmen anfangen können, die auf Kinohandwerk stehen, die aber auch auch mal auf Plot verzichten können. Dunkirk ist ein Spektakel, das man am besten auf der Leinwand genießt. Und wer das Glück hat, eine IMAX- oder 70mm-Vorstellung sehen zu können, sollte sich das nicht entgehen lassen.

Superheld mit Pickeln

Spider-Man Homecoming (2017)

Als Kind schwärmte ich von Superhelden. Comics waren leider Mangelware auf dem Land. Und alle Hefte, die man doch irgendwo fand, waren teuer und rar wie Gold. Ich erfand also eigene Helden und malte mir epische Abenteuer aus. Die Inspirationen kamen vor allem aus dem Fernsehen, wo ab und zu ein Batman oder Superman mit seinem Cape durch die TV-Röhre flimmerte. Doch so sehr mich die DC-Helden faszinierten, waren sie für mich als Kind kaum zu begreifen. Sie waren heroisch, aber zutiefst erwachsen, ernst und düster. Auch wenn die Trickserien versuchten, dem Ganzen ein wenig Humor abzugewinnen, spürte ich, dass hinter den Masken zerrüttete Seelen steckten. Bereits als Kind war ich also von DC irgendwie enttäuscht. Nur die alte Batman-Serie um Adam West und die 90er Jahre Adaption Superman – Die Abenteuer von Lois & Clark konnten mich richtig bei Laune halten.

Auftritt Spider-Man

Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, wie und welches Format mich zu Spider-Man brachte. Auf jeden Fall war ich direkt angefixt von Spider-Mans positiver Aura, die ihn grundlegend von Batman und Superman unterschied. Er hatte einfach Spaß und ich konnte das zu 200% nachvollziehen. Wer hätte keinen Spaß, sich durch die Hochhausschluchten New Yorks zu schwingen? Peter Parker lebte aus, was Comicfans fühlten, wenn sie diese Bilder sahen. Und gerade für mich als kleinen Bub war das ein wichtiger Identifikationsfaktor. Neben der Trickserie sah ich irgendeinen (im Nachhinein) abstrusen Realfilm aus Japan oder Italien. Meine Erinnerungen sind dahingehend sehr unzuverlässig, aber dieser Film war für mich das größte als Spider-Man-Aficionado. Da steckt jemand im Kostüm von Spider-Man und schießt mit Netzen um sich. Woah! Leider das mit dem Schwingen konnte sich damals niemand so richtig leisten. Zumindest erinnere ich mich nur an einen Kampf zu Boden in einer Westernkulisse. Da gab es nicht viel zum Schwingen.

Zwei Spider-Man-Filme später

Nachdem mich Sam Raimi und Tobey Maguire voll und ganz abholten mit ihren ersten zwei Filmen, war für mich The Amazing Spider-Man nur noch ein unnötiger Klotz, weil ich wusste, dass der Film nur entstanden ist, damit Sony die Filmrechte behalten konnte. Zu dem Zeitpunkt hatte Marvel bereits bewiesen, dass sie ihr Material am besten selbst präsentierten. Ich wollte also einen Spider-Man aus Marvels Hand. Nachdem dann The Amazing Spider-Man 2 zurecht floppte, ging der Traum vieler in Erfüllung. Sony und Marvel verbrüderten sich und stellten einen gemeinsamen Spinnenmenschen vor die Kamera. Tom Hollands Name ging durch die Nerdszene. Der neue Spidey sollte den Nerv vieler treffen, indem er jung und gutgläubig zwischen den Avengers kämpfte. Als freundliche Spinne von nebenan. Und was soll ich sagen? In Captain America: Civil War ging diese Taktik fantastisch auf. In Homecoming wurde dieses Sentiment nun zementiert.

Homecoming

Der neue Spider-Man ist im Kern ein Highschool-Flick mit Superheldeneinlagen. Es gibt keine traurige Vorgeschichte, keine Verwandlung durch Spinnenbiss. Das ist alles irgendwann passiert und wir als Zuschauen haben das bereits oft genug gesehen. Wir haben es verstanden! Peter Parker ist endlich der Peter Parker, der von Anfang bis Ende Spaß hat. Er fällt hin und steht lachend wieder auf. Er ist unbeholfen als Held wie auch als pubertierender Jugendlicher. Er will nichts lieber, als nach der Schule durch die Nachbarschaft zu schwingen, und als Avenger, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Er hat verdammt nochmal Superkräfte und er will sie nutzen. Er ist der Junge, der ich sein wollte. Und dieses Gefühl gepaart mit einem der interessantesten Gegenspieler macht Spider-Man: Homecoming zu einem meiner aktuellen Lieblingsfilme – nicht nur aus dem Hause Marvel, sondern generell.

Puppenspiel für Kinofreunde

Kubo and the Two Strings (2016)

Laika ist das beste Überbleibsel an analoger Filmkunst, das die Welt zu bieten hat. Die Truppe, die sich nach dem sowjetischen Weltraumhund benannt hat, unterhält uns seit 2005 mit Stop-Motion-Filmen. Dabei sind unterhaltsame Schauermärchen wie Coraline und ParaNorman entstanden, die ein verdrängtes Genre am Leben gehalten haben.

Mit Kubo – Der tapfere Samurai hat das Filmstudio die Messlatte nochmal um einiges höher gelegt. Es handelt sich um einen waschechten Samuraifilm mit viel Mystik und Action, der mit maximal viel Liebe zum Detail umgesetzt wurde. Streckenweise fühlte ich mich an Filme aus dem Studio Ghibli erinnert. Zwar auf beste Art und Weise, aber eigentlich mag ich es nicht, wenn Amerikaner, sich an japanischer Erzählweise versuchen, um dann doch daran zu scheitern. Denn so ähnlich ergeht es auch Kubo, wenn der Versuch unternommen wird, klassische westliche Erzählstrukturen mit der philosophischen Gedankenwelt Japans zu verknüpfen. Mich freut es zwar, weil ich generell auf Japanromantik stehe, aber am Ende ist das ein sehr heiliges Feld, auf das sich Laika hier getraut hat. Ein Balanceakt, der nur gelingt wegen der unendlich schönen Bildsprache und einer kreativen Geschichte, die an klassische Sagen erinnert. Trotz kleiner Ungereimtheiten, die den Film nicht schmälern, bin ich überrascht, dass Laika den Oscar für den besten Animationsfilm an Zootopia verloren hat. Zootopia! Ein toller Film, der aber nichts neu macht. Ich bitte euch! Wer traut sich denn heute noch in Zeiten von CGI, Wasser, Actionsequenzen und Felltiere schrittweise per Hand zu animieren? Die romantischen Punks von Laika nämlich!

Ich ärgere mich, dass ich Kubo nicht im Kino gesehen habe, weil die Plastizität erst auf großer Leinwand so richtig beeindruckt. Dennoch empfehle ich jedem, den Film in welcher Form auch immer anzusehen. Und falls er nochmal auf der großen Leinwand läuft, meldet euch bei mir.

Nicht noch ein Superheldenfilm!

Wonder Woman (2017)

Ein Model wurde von den Machern von Batman V Superman für die Rolle der Wonder Woman auserkoren. Gal Gadot trifft auf Zack Snyder. Während wohl große Teile der aktuellen DC-Verfilmungen Mist sind, hat es Wonder Woman in die Herzen der Zuschauer geschafft. Ihre kurze Präsenz hat viele verzaubert, doch kann sie einen ganzen Film stemmen?

Wonder Woman spielt während des 1. Weltkrieges. Wonder Woman aka Diana wird von Amazonen groß gezogen und lebt fernab unserer Realität auf einer versteckten griechischen(?) Insel. Die Insel wird entdeckt und Diana zieht es in die weite Welt, um diese zu retten. Ab da entspinnt sich ein Abenteuer zwischen den Fronten des Krieges. Mit viel Action und angenehmen Humor, lernt Diana, die Tücken der menschlichen Kultur kennen, während die Welt Wonder Woman kennenlernt. Sie ist charmant, gutgläubig und hinreißend, saustark, unsterblich und eine Macherin. Dieser Charakter funktioniert zu Beginn des Films äußerst gut, als noch Platz für besondere Momente ist. Am Ende mischt sich der klassische Wahnsinn eines jeden anderen Superheldenfilms ein. Zu viel Action inklusive epischem Endgegnerkampf. Überhaupt sind die Antagonisten eine Frechheit. Langweilig und charakterlos. Das muss ein Ende finden. Und dieser Film hätte ein anderes Ende verdient. Denn eigentlich ist Wonder Woman einer der unterhaltsamsten Superheldenfilme, der vergangenen Jahre.

Die Regisseurin Patty Jenkins hat guten Geschmack bewiesen, weil sie im Gegensatz zu den anderen DC-Verfilmungen Wert auf Emotionen gelegt hat. Wer hätte gedacht, dass das funktionieren könnte? Robin Wright darf auch nicht unerwähnt bleiben. Bekannt aus House of Cards als Claire Underwood, spielt sie hier die Badass-Amazonenkriegerin. Bitte mehr davon. Überhaupt ist der weibliche Anteil der Crew außergewöhnlich. Viele Frauen in vielen Hauptrollen. Hollywood hätte früher Angst vor so viel Östrogenen gehabt. Und obwohl es noch keine Selbstverständlichkeit ist, hat es sich absolut richtig angefühlt. Diversity is King … äh … ich meine Queen.

Groß, stumpf und witzig – so muss Kino sein

Guardians of the Galaxy Vol. 2 (2017)

Dieser Film ist vorhersehbar, laut und bedient sich allen Klischees eines Superheldenfilmfinales. Und trotzdem liebe ich den zweiten Teil von Guardians of the Galaxy! Der erste war ein Überraschungserfolg, weil niemand diese Truppe an Superhelden kannte. Jetzt sollte jeder wissen, worauf er oder sie sich einlässt. Und wer den ersten mochte, wird auch mit dem zweiten sehr viel Freude haben. Spaß ist nämlich garantiert. Wo ich mich bei Deadpool für viele Lacher schämte und mich teilweise sehr unwohl mit den Gags fühlte, ist das hier mein humoristischer Safe-Space. Jeder Witz sitzt und ich lache lauthals mit den hundert Menschen im Kino mit. Zwischendurch schwärme ich von den protzigen Farben, die die Leinwand wie ein Feuerwerk erhellen. Am Ende bleibt ein gutes Filmerlebnis, das den Vorgänger nicht übertrifft, aber mit den richtigen Mitteln fortführt.

Damit habe ich 5 Filme aus meiner Filmvorschau für 2017 gesehen.

Blut auf Adamantium

Logan (2017)

Ein letzter Wolverine-Film mit Hugh Jackman sollte es werden. Ein Film, um sowohl dem Schauspieler als auch dem Charakter gerecht zu werden – um sie würdig zu verabschieden. Der Regisseur James Mangold hatte bereits Erfahrung mit dem „Vielfraß“ (die direkte Übersetzung des Namens btw) gesammelt, als er den passablen The Wolverine gedreht hatte. Diesmal ist aber fast alles anders. Und genau deshalb ist fast alles perfekt.

Sagen wir es mal so. Ich bin Fan der X-Men-Filme, weil ich die Charaktere und die Metaphern dahinter sehr schätze. Aber ich bin kein Fan der Action in X-Men-Filmen, wenn es aufs Ende zugeht. Schlechte Schurken werden auf langweilige Art und Weise vernichtet, während die spannenden Geschichten und Charaktermomente flöten gehen. X-Men 3 ist als Film vollkommen diesem Phänomen unterlegen. Und viele weitere haben auf diese Weise einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Logan leidet unter dem gleichen Problem, aber es ist für mich das einzig große Problem. Und das Ende des Films ist überhaupt nicht misslungen, aber insgesamt schwächer als der Rest des Films.

Der Rest des Films

Es handelt sich um einen durch und durch traurigen Film über einen gebrochenen Mann, der all seine Geliebten sterben gesehen hat. Logan ist fast 200 Jahre alt und seine Selbstheilung ist längst nicht mehr die gleiche, wie sie mal war. Er ist einer der letzten lebenden Mutanten, arbeitet als Uber-Fahrer an der mexikanischen Grenze und versucht sich und seine Schützlinge über die Runden zu bringen, während seine Welt trist und einsam geworden ist. Logan sieht also aus wie ein Johnny Cash Album klingt.

Nun tritt aber ein Mädchen in sein Leben, welches er beschützen und zu einem sicheren Ort bringen soll. Ab da beginnt eine Achterbahnfahrt mit kreativen Actionszenen und pointiertem Humor. Selten habe ich bei einem Superheldenfilm so viel so ehrlich gelacht. Die meisten Filme versuchen es mit billigen Witzen, wo ich natürlich auch lache, aber Logan besticht durch gelungene Situationskomik und glänzende Charaktermomente.

Am Ende

Am Ende ist das wahrscheinlich der erste ehrliche X-Men-Film (vielleicht neben Deadpool), weil er sich so ernst nimmt, wie der erste Film der Reihe, aber das ganze auf eine erwachsene und blutige Ebene hievt. Zum ersten Mal fühlen sich Wolverines Adamantiumklauen wie tödliche Waffen an. Zuvor kippten Gegner um, aber diesmal werden den Widersachern die Krallen durch mehr Schädeldecken gebohrt, als ich zählen kann. Natürlich ist Brutalität kein Qualitätsmerkmal, aber in diesem Fall ist es wichtig, um aufzuzeigen, wie gefährlich dieser Kampf auch für unseren Helden ist, der noch nie so verletzlich war, wie in diesem Film. Er blutet und er keucht. Wolverine erleidet Wunden, die nicht mal ebenso heilen.

Nichts funktioniert und alles steht auf dem Spiel, ohne dass „die Welt“ in Gefahr ist. Und das ist es, was Logan so gut macht. Es ist ein Film über einen Mann, und die Leute, die ihm nahe stehen. Nicht mehr und nicht weniger. Logan ist wahrscheinlich die beste Comicverfilmung seit The Dark Knight. Und hoffentlich werden sich viele weitere Filme des Genres von dieser Art der Umsetzung inspirieren lassen.

Dieser Film bringt dich zum Schluchzen

12 Years A Slave (2013)

Nach Hidden Figures und dem Thema Rassentrennung traute ich mich endlich an Steve McQueens 12 Years A Slave. Ich wusste von dem Oscar-Buzz um den Film. Mir waren aber einige Hintergründe nicht bewusst, obwohl sie den Film zu einem der besten der letzten Jahre machen.

Damit habe ich nicht gerechnet

  1. Das Staraufgebot ist riesig. Neben den zu Stars gewordenen Chiwetel Ejiofor und Lupita Nyong’o spielen Benedict Cumberbatch, Michael Fassbender, Brad Pitt und Paul Giamatti mit.
  2. Der Film ist wunderschön. Die Leute hinter der Kamera haben unvergessliche Bilder geschaffen. Sehr oft musste ich genau hinsehen, um glauben zu können, dass es diese natürlichen Orte wirklich gibt. Und gleichzeitig handelt der Film von Sklaverei und Missbrauch. Zwei Bildwelten, die eigentlich nicht zusammenpassen.
  3. Die Bilder sagen mehr als tausend Worte. Biografische Filme neigen dazu, einen Erzähler zu haben. Hier verzichtet man auf die Stimme aus dem Off und lässt viel Freiraum zum Interpretieren und Nachdenken. Szenen werden lange weiter gezeigt, obwohl der Sinn der Szene längst vorbei ist. Umso eindrücklicher, schöner und weitaus schrecklicher wirken die Bilder auf einen.
  4. Steve McQueen ist ein Genie. Mit seinen drei Filmen Hunger, Shame und 12 Years A Slave hat er einen ziemlich perfekten Start für einen Regisseur hingelegt. So viel Gefühl für so unterschiedliche Themen muss man erstmal mitbringen. Sein nächster Film handelt wohl von vier Witwen, die den misslungenen Coup ihrer Männer zu Ende bringen wollen.
  5. 12 Years A Slave basiert auf einer wahren Begebenheit. Okay, das hätte ich mir denken können! Mir war aber nicht klar, dass der Mann hinter dieser Geschichte, Solomon Northup, vorher ein freier Amerikaner war, der nach der Gefangenschaft seine Geschichte als Memoiren veröffentlicht hat.
  6. Am Ende musste ich (ein wenig) schluchzen. Hier handelt es sich um Kino nah an der Tränendrüse, ohne dass es unnötigen Kitsch bedienen muss.

Außerdem hätte ich nicht damit gerechnet, dass ich innerhalb einer Stunde nach Ende des Films einen Beitrag dazu veröffentlichen würde. Falls ihr also mal in der richtigen Stimmung dazu seid und für zwei Stunden Geduld mitbringt, schaut euch unbedingt 12 Years A Slave an.

Rassentrennung bei der NASA

Hidden Figures (2016)

Ich schrieb Hidden Figures auf meine Filmliste für dieses Jahr, nachdem Scath den Film bereits vorab gesehen und mir empfohlen hatte (Danke!).

Meine Erwartungen

Laut Trailer sollen dort drei Afroamerikanerinnen in den 60er Jahren einen großen Beitrag zur frühen Raumfahrt der NASA geleistet haben. Natürlich basiert alles auf einer wahren Begebenheit und ist irgendwo zwischen Drama und Feel-Good-Movie angelegt, oder?

Der Film

Ja, ja, ja und ja! Hidden Figures ist alles, was man sich darunter vorstellt, wenn man Ausschnitte gesehen oder Beschreibungen gelesen hatte. Es ist ein wahrer amerikanischer Film, der die Geschichte der USA auf die beste Art und Weise aufrollt, ohne nervig nationalistisch zu sein. Es ist natürlich kein atemberaubendes Kunstwerk. Das ist einfach solides Hollywoodmachwerk mit bestem Inhalt und guten Darstellern. Wer sich also neben La La Land für zwei gute Stunden im Kino entspannen will, während die USA in Flammen stehen, sollte Hidden Figures ganz oben auf die To-See-Liste setzen.

Zwischen Pharrell Williams und Donald Trump

Dieser Film kommt zur richtigen Zeit in die Kinos und jeder Oscar würde einem Statement gleichen. Denn alles an diesem Film ist so Anti-Trump, dass man sich mal wieder fragt, wie das in ein und dem selben Land entstanden sein kann. Hidden Figures zeichnet ein krasses Bild der Rassentrennung in den USA, wie man es sich heutzutage nicht mehr ausmalen kann. Toiletten und Busreihen sind nach Hautfarben getrennt. Sogar Kaffeepötte werden gesondert beschildert, damit ja keine Schwarze den guten Kaffee der Weißen beschmutzt. Furchtbar, aber lange Zeit Realität. Und jetzt machen wir wieder einige Schritte zurück in diese Richtung dank viel zu vieler rechter Vollidioten.

Tja. Noch was Positives zum Abschluss? Besonders gut gefiel mir der Soundtrack, der zu großen Teilen aus Soulnummern von Pharrell besteht. Hans Zimmer ist zwar für den soliden Score aus dem Orchestersaal verantwortlich, aber erst die souligen Einlagen von Pharrell, Mary J. Blige und Alicia Keys machen Hidden Figures zu einem emanzipierten Film über eine afroamerikanische Bürgerrechtsbewegung.

Tentakelporn aus Südkorea

Die Taschendiebin (2016)

Ein Film über Täuschung und Rache – klassisches Park Chan-wook Material. Der südkoreanische Regisseur ist bekannt für Oldboy und Stoker. Stoker ist eine US-Produktion, die ich gerne mochte. Oldboy ist bis heute einer meiner absoluten Lieblingsfilme (mit Lieblingssoundtrack). Thematisch ein bisschen aus der Reihe tanzt I’m a Cyborg, But That’s OK, aber auch diesen skurrilen Psychiatrie-Drogentrip weiß ich sehr zu schätzen. Was ich damit sagen will: Ich bin ein bisschen Fan. Und euch seien diese Filme ans Herz gelegt.

Die Taschendiebin oder zu Englisch The Handmaiden spielt im Korea der 30er Jahre unter der Besatzung Japans. Eine Taschendiebin wird in das Anwesen einer reichen Lady eingeschleust und sie soll diese für einen Schwindler täuschen, verführen und ausrauben.

Als die Leinwand im Alabama-Kino langsam aufgezogen wurde, war ich ganz irritiert von der Helligkeit und den Farben der Bilder. Ich dachte, das sei ein düsterer Film voller Gräuel. Doch Die Taschendiebin beginnt ungewohnt bunt und lebensbejahend – Schnitt – alles wirkt düster und tödlich. Das Anwesen der Lady ist ein Schauplatz des Horrors. So ziehen sich die Kontraste durch den Film fort und jede dunkle Szene wirkt umso düsterer und jedes Licht überstrahlt alles Vorangegangene. Park Chan-wook spielt mit der Kamera, wie andere ein Instrument meistern. Seine Kompositionen erinnern an Wes Anderson und sind sogar weitaus interessanter als die ewigen Spiegelungen des amerikanischen Regisseurs.

Der Film ist in drei Teile gegliedert. Dabei wird die Geschichte grob aus drei verschiedenen Sichtweisen erzählt und teilweise mit mehr Information wiederholt. Der Aha-Effekt ist nicht so groß wie bei einem Shyamalan-Film, aber groß genug, um mit Interesse erneut auf Details zu achten und vergessene Andeutungen neu zu entdecken. Der Film rekonstruiert sich selbst. Der Regisseur nimmt einem das zweite Schauen ab und erklärt seine wichtigsten Elemente selbst. Das klingt zunächst so, als wäre das eine langweilige Herangehensweise, aber falsch gedacht. Diese Auseinandersetzung mit der Konstruktion ist mit das Beste am ganzen Film.

Ich schreibe von diesem Film in den höchsten Tönen, aber dennoch kann ich ihn nicht jedem empfehlen. Die Taschendiebin dauert mit zweieinhalb Stunden relativ lang. Der Film ist höchst überspitzt dargestellt und erinnert mit seinen Charakteren und Szenen an exzentrische Manga- oder Animedarstellungen, die für die meisten ungewohnt sein sollten. Außerdem hat er eine unangenehme Menge Sex zu bieten, der von Erotik bis Tentakelporn reicht. Natürlich ist alles im Rahmen und man sieht nichts, was man nicht sehen dürfte. Aber die Thematik ist im Film enthalten und wirkt mitunter unangenehm skurril. Wer sich damit abfinden kann und sich auf ein kleines Abenteuer ins südkoreanische Kino einlässt, wird begeistert sein.