Gamedesign-Tagebuch. Eintrag sechs.

Ich arbeite nun testweise mit Construct 2, um ccatch als HTML5-Version zu veröffentlichen. Bei so einem kleinen Spiel ist es auf jeden Fall sinnvoller, den Zugang zu vereinfachen. In Zukunft wird man also nur einen Klick vom Spiel entfernt sein und muss sich nicht mehr durch das vollkommen überholte Konzept der Installation boxen. Und natürlich hat HTML5 noch den Vorteil, dass es sogar auf neueren mobilen Endgeräten funktionieren wird.

Flash tut das ja nicht unbedingt. Trotzdem wollte ich mal reinschnuppern, um zu sehen, wie sich die Arbeit mit Flash anfühlt und stellte dabei einiges fest. Die Vorteile sind eine stabile Plattform und eine große Reichweite. Flashgames sind halt etabliert. Es ist sogar mit ein wenig Aufwand lernbar, aber wird sich langfristig nicht gegenüber neuen Techniken durchsetzen. Es wird nicht sterben, weil es dafür viel zu viel Content gibt, aber es wird verzichtbar sein.

Mit der Erkenntnis konnte ich Flash als Entwicklungsplattform ausschließen, aber dennoch bleibt es hinsichtlich seiner Animationen interessant für mich. Aber die eigentliche Erkenntnis war dann, dass ich glaube, keine Animationen machen zu wollen. Also nicht im großen Stil. Ich bin zwar Designer, aber ich fühle mich mehr als Sprachrohr zwischen Nutzer und System und weniger als Dekorateur. Und genau deswegen werde ich mich zwingen, konzentrierter zu arbeiten und mich nicht länger mit dem Mix aus Kunst, Programmierung und Design herumzuschlagen. Während nämlich Programme wie Construct 2 und der Game Maker mir unheimlich viel Arbeit abnehmen, klaut mir die Suche nach einer einfachen Programmiersprache und die Jagd nach der ästhetischen Offenbarung unheimlich viel Zeit. 

Ich werde natürlich auch in Zukunft interdisziplinär arbeiten, aber ich werde nicht mehr blind alles ausprobieren und stattdessen einen Workflow beibehalten. 

Generation Größer/Schneller/Weiter.

Was geht bei dir am Wochenende?

Diese simple und so oft gestellte Frage impliziert, dass am Wochenende etwas “zu gehen” hat. Die Freizeit muss mit Inhalt gefüllt werden, der erzählenswert ist. Wer nichts zu erzählen hat, muss bei dieser Frage passen. Oft sind es die Situationen, wo peinlich berührt irgendeine Erklärung gesucht wird. Oder die Antwort wird filigran umgangen (“Chillen!”). Höflicherweise wird sich daraufhin erkundigt, was denn bei einem selbst gehen würde. Man ist im Zugzwang und muss etwas Erzählenswertes nachlegen können. 

Doch was ist erzählenswert? Was immer geht, sind Partys und Alkohol. Am besten in Kombination. Aber auch eine kleine Städtereise ist eine Erwähnung wert. Freunde Treffen ist noch okay, aber auch nur, weil man davon ausgeht, dass gefeiert wird. Ähnlich verhält es sich mit dem Sachverhalt des “Chillens”, womit Alkohol oder andere Drogen in Verbindung gebracht werden können. Zum guten Ton gehört also, dass am Wochenende bewusstseinserweiternd gefeiert wird. Natürlich mit Freunden.

Was sagt uns das? Dass wir saufende Partygänger sind? Vielleicht. Eigentlich steht diese Frage sinnbildlich für die Ansprüche unserer Generation.

Größer: Der Student von heute ist ein Herdentier. Noch nie haben so viele junge Menschen studiert und das treibt uns in die überfüllten Hörsäle. Man wird von allen Richtung beobachtet und jederzeit verglichen. Überall ist man auf Beutezug und jeder ist bereit, in die Rolle zu schlüpfen, die er vorgibt zu sein. Es geht nicht nur darum. man selbst zu sein. Man will sich immer besser und größer geben und noch individueller als alle anderen sein.

Trotz propagierten Fachkräftemangels lauert überall die Konkurrenz. Jeder ist ein potentieller Gegner. Entweder man kämpft nur für sich oder man hat schon verloren. Wenn die Note nicht perfekt ist und der Kampf um Creditpoints zum blutigen Krieg wird, versinkt man womöglich im bedeutungslosen Sumpf der zahllosen Bachelor-Studenten. Aber man will doch Master sein! Also der Meister – aber auf englisch, weil es wichtig und globalisiert klingt.

Schneller: Wisst ihr noch als man mit G8 die acht größten Industriestaaten meinte? Heute meint man mit G8 die zwölfjährige Schullaufbahn, die man fürs Abitur braucht. Fast die ganze Republik setzt auf dieses neue System, um die Schüler früher rauszuschmeißen, um sie daraufhin (ohne Wehr- oder Zivildienst) dreieinhalb Jahre durch das Bachelorsystem zu prügeln. Mit 21 ist man fertig. Endlich. Hat ja auch lang genug gedauert, dass man Geld in die Staatskassen einzahlt. Voraussetzung dafür ist natürlich ein Job, aber den bekommt man nur mit Erfahrung. Also nichts wie ran ans unbezahlte Praktikum. MAN HAT JA KEINE ZEIT! 

So oder so ähnlich will es die Gesellschaft. Wer nicht früh genug studiert, verschwendet Zeit. Wer länger braucht, ist ein Nichtsnutz und Schmarotzer. Wer mit 18 noch nicht weiß, was er wird, studiert trotzdem irgendwas, damit es schneller anfängt. Alles muss schneller passieren, weil wir ungeduldig sind und nicht einmal das nächste Wochenende abwarten können. “Was geht bei dir…?” kann dann auch mal mitten in der Woche gefragt werden. Man lebt ja nur einmal und die Woche hat nur sieben Tage zum Feiern. Also nichts wie ab zur Uniparty am Mittwoch. Doch vorher wird noch kurz ein Essay hingeschmiert. MAN HAT JA KEINE ZEIT! 

Weiter: Die nächstgrößte Stadt ist zwar schön und gut, aber man will ja eigentlich nach Berlin, Hamburg oder München. Alles andere klingt nicht halb so hip. Und dank Bahncard und Mitfahrgelegenheiten ist selbst dieser Traum pure Realität geworden. Wir sind die mobilste Generation aller Zeiten. Ständig unterwegs – überall und nirgendwo. Das Auslandssemester ist ohnehin Pflicht und der Master wird dann auch nicht mehr im maroden Deutschland gemacht. Master of Science in London klingt doch gleich nach viel mehr.

Unser Globus ist mittlerweile auf ein Browserfenster geschrumpft. Per Fingertipp navigieren wir uns durch Google Maps und checken im Minutentakt den Fahrplan inklusive aller Verspätungen. Man reist ja effizient, damit die Zeit sinnvoll genutzt werden kann. Mit Partys und Alk zum Bachelor. Blitzschnell, damit es wertig aussieht. Denn wer schnell studiert, muss ja auch schlauer sein…


Wir kennen kein Superlativ und sind unzufrieden, weil es immer größer, schneller und weiter geht. Zwar nutzen wir diese Einstellung und unsere Chancen, um das bestmögliche zu erreichen, aber im Grunde vergessen wir unsere Grenzen. Wozu sind wir überhaupt fähig? Wie viel Geld kann ich fürs Feiern ausgeben? Diese und viel mehr Fragen spielen keine Rolle, wenn die eine entscheidende Frage gestellt wird: “Was geht bei dir am Wochenende?” Und das ist das eigentliche Problem. Wir trauen uns nicht mehr, kleiner, langsamer und kürzer zu sein. Ein gehetztes Leben als Workaholic in einer Großstadt ist scheinbar mehr wert als ein seelenruhiges Dasein in einem Dorf.

Wir sollten weiterhin groß denken und viel erreichen wollen. Aber man sollte auch wieder stolz antworten können, dass man am Wochenende alleine ein Buch liest und sich auf die Ruhe freut.

Wenn die Uni zur Bremse wird.

Ich mag mein Studium. Kommunikationsdesign ist ein Fach, mit dem ich viel anfangen kann und die Art, mit der mir das vermittelt wird, ist ebenso total mein Ding. Ja und nein. Denn so sehr mein Blut von Lerneslust durchströmt wird, fühlt sich mittlerweile jede Stunde dieses Semesters wie eine halbe Ewigkeit an. Während mir in der Uni nichts vermittelt wird, habe ich zuhause das Gefühl, nicht meine Zeit zu verschwenden.

Versteht mich nicht falsch. Alles ist gut. Dummerweise lerne ich allein in meinem Kämmerlein, die Dinge, die mich interessieren ungeahnt schnell. So war es schon immer, aber ich verstehe das erst jetzt, wo ich mit den gleichen oder ähnlichen Inhalten im Studium konfrontiert werde. Ich weiß bereits, wie man eine Website baut und wie die Adobe Programme funktionieren. Ich habe die letzten Jahre nichts anderes getan, als mich in meiner Freizeit mit solchen unscheinbaren Dingen zu beschäftigen. Ich weiß, was ich nicht weiß und in das Lernen dieses Unwissens möchte ich meine Zeit investieren. Nicht in die Entdeckung eines neuen Shortcuts.

Der Höhepunkt meiner Hochschulwoche ist stets der Malereikurs, der unheimlich beruhigend vonstatten geht. Therapierend male ich irgendwas auf irgendwas und verstehe mit jedem Pinselstrich mehr, was mir in den anderen Kursen fehlt. Ich weiß nämlich rein gar nichts über Malerei, weswegen ich umso mehr dabei lerne.

Eigentlich mag ich gar nicht über das Thema reden, weil man sich dann immer so arrogant und allwissend gibt, obwohl es mir gerade um das Gegenteil geht. Es gibt so vieles, was ich noch nicht weiß und genau das will ich in Angriff nehmen. Ich habe keine Lust mehr, mich klüger zu fühlen, als ich in Wahrheit bin. Deswegen arbeite ich nebenher, um echte Designs in echter Praxis zu erproben. Deswegen beschäftige ich mich vermehrt mit Gamedesign, um mich mit Programmierung, Usability und Nutzerverhalten auseinanderzusetzen.

Natürlich gibt es die Malereikurse, wo ich von null anfangen könnte, aber darum geht es mir nicht. Ich will meinem digitalen und interaktiven Design treu bleiben und es bis zur Professionalität ausreizen.

Ich möchte wieder lernen und Fehler machen. Ich will auf die Nase fallen und es muss weh tun. Dafür muss ich mit Vollgas durchstarten, anstatt mit durchgetretener Bremse durchs Studium zu schleifen.

Gamedesign-Tagebuch. Eintrag fünf.

Seit Eintrag eins sind nun viele Tage ins Land gezogen. Genau 72 habe ich gebraucht, um ein Spiel von der ersten Skizze bis zur akzeptablen Version zu entwickeln. “Akzeptabel” soll heißen, dass dieses Spiel bei Weitem nicht meinen Ansprüchen genügt. Nicht umsonst trägt es die Versionszahl 0.5 präsent mit sich. “ccatch” ist noch immer eine Beta, gar ein Prototyp, dem es an wesentlichen Funktionen und Herausforderungen fehlt. Zur Zeit ist es nur ein bockschweres Mausgefuchtel ohne Ziel. Es fehlt der entscheidende Suchtfaktor für ein Game seiner Sorte. Achievements, Levels, Items. All das habe ich weggelassen, um ein fokussiertes Spielerlebnis erzeugen zu können.

Es ist immerhin mein erstes Spiel. Ich habe viel gelernt und es gibt noch viel zu lernen. Das war der Hauptgrund für die heutige Veröffentlichung. Ich wollte es hinter mir lassen, um an einem neuen Spiel neue Aspekte des Gamedesigns zu lernen. An ccatch hätte ich noch sehr lange arbeiten können, aber ich hätte nicht Wesentliches dazugelernt, sondern mich in Details verloren. Also geht es in den nächsten Wochen weiter. Neues Spiel. Neues Glück.

P.S.: ccatch hat übrigens eine Facebook-Seite, auf der man alle Downloadlinks findet:

>>>LINK<<<

Pausenlos.

Mir ist aufgefallen, dass ich seit Beginn meines Studiums keine richtige Pause hatte. Klar, da waren die Wochenenden und Feiertage, wo ich ein klein wenig abschalten konnte. Das Problem sind halt nicht die Gelegenheiten zum Abschalten, sondern der pausenlose Drang, etwas zu schaffen.

Wenn ich nicht in der Uni bin, gehe ich zur Arbeit. Wenn ich nicht arbeite, bin ich zuhause und vertreibe mir die Zeit mit digitalem sowie analogem Design und unendlich viel Lektüre aus dem Internet. Allerdings weiß ich zur Zeit nicht, ob ich ernsthaft eine Pause brauche, oder ob irgendein Teil meines Daseins fehl am Platz ist.

Gamedesign-Tagebuch. Eintrag vier.

Es ist viel passiert. Ich bin fast im Beta-Stadium mit dem aktuellen Arbeitstitel “ccatch”. Die Tester wurden bereits erwählt und ich freue mich über mehr Opfer Mitspieler. Es läuft soweit auf PC und Mac. Wenn ich ein wenig spare und Geduld habe, kann ich es sogar auf ein mobiles Device bringen. (Wenn die Qualität überhaupt ausreichend ist…) 

Die Fortschritte habe ich dem GameMaker Studio zu verdanken. Dieses gibt es mittlerweile auch in einer kostenlosen und einer abgespeckten Variante. Wer also auch Lust hat – unbedingt mal ansehen. Mir hat es vor allem die technische Hürde genommen. Dennoch bringen mir meine sporadischen Programmierkenntnisse sehr sehr viel, beim Erstellen von spezielleren Regeln. Und ich lerne jeden Tag dazu.