Mr. Nobody (2009)

Mr. Nobody von Jaco Van Dormael ist ein Mammutwerk (und einer meiner absoluten Lieblingsfilme und Geheimtipps). Es wird die Geschichte eines Jungen erzählt, der sich an seine Zukunft erinnern kann. Er, Nemo Nobody, ist in der Lage jeden Lebensweg einzuschlagen und vorherzusehen. Seine Eltern trennen sich und wir verfolgen Nemo bei seiner Entscheidung, bei seiner Mutter zu bleiben, UND bei der Entscheidung, bei seinem Vater zu bleiben. Daraus entwickeln sich neue Erzählstränge, die sich wiederum aufteilen und noch kleinteiliger werden. 

Die erste Stunde des Films ist Chaos. Man wird in die Geschichte hineingeworfen und bekommt zufällige Einblicke in die Lebenswege von Nemo. Erst dann fügen sich schleichend Bilder zusammen. Man verliert sich in malerischen und bedrückenden Erzählungen. Nemos verschiedene Persönlichkeiten werden dabei eindrucksvoll vom talentierten Jared Leto und dem jungen Toby Regbo verkörpert.

Die Kritiker sind sich nicht ganz einig, wie gut der Film ist und bemängeln meist, dass Mr. Nobody zu viel will und sich in seiner komplexen Struktur verliert. Mir fällt es auch schwer, den Film vorbehaltlos zu empfehlen. Ich stelle mir immer vor, wie meine Freunde nach 2,5 Stunden entsetzt und wortlos dasitzen und sich ihre verlorene Lebenszeit zurückwünschen. Okay, vielleicht nicht ganz so schlimm. 

Mr. Nobody ist kein klassischer Unterhaltungsfilm. Er ist ein kleines Epos mit viel Liebe zum Detail. Er verführt nicht nur, sondern fordert auch. Ausgefeilte Kulissen, perfekte Tapetenmuster und visuell beeindruckende Kamerafahrten laden zum genauen Hinsehen ein. Es werden philosophische Fragen zum Thema Zeit und Entscheidungen aufgeworfen und ausgespielt. Mr. Nobody ist eine Parabel aufs Leben und eine Antwort auf die Frage: Welcher Weg ist der richtige?

The Road

Eine Buchempfehlung, alle in Deckung! 

Wenn Leute übers Lesen reden, halte ich mich immer diskret zurück. Ich lese kein Buch in einer Woche. Kein Regal würde durch meine gelesenen Bücher gefüllt werden können. In den vergangen Jahren wandelte ich mich dennoch in eine Leseratte (und nicht in einen Bücherwurm).

Tausende Worte flackern tagtäglich über meine Displays. Sinnlose Beiträge in sozialen Netzwerken und minutenlange Essays in den Weiten des Internets gehören zu meinem „buchstäblichen“ Alltag. Ab und an verirrt sich ein Buch in meine Hand.

Irgendwann hatte ich „The Road“ – zu deutsch „Die Straße“ – von Cormac McCarthy in besagter Hand. Doch zuvor sah ich den gleichnamigen Film, weil er als Geheimtipp galt. Ich war hin und weg von der dystopischen Welt, die, anders als die meisten Vertreter des Genres, ernsthaft bedrohlich und endzeitlich wirkte.

Wenn mich ein Film mitreißt, erfahre ich zwei Effekte. Zunächst halte ich inne und verarbeite, das Gesehene. Es folgt eine stundenlange Vertiefung im Internet, wo ich Hintergründe und Interpretationen recherchiere, um meine Idee vom Film zu vervollständigen und verifizieren. Dies geschah bei „The Road“ in solch einer Tiefe, dass ich das Buch lesen musste.

Also nochmal: Irgendwann hatte ich „The Road“ – zu deutsch „Die Straße“ – von Cormac McCarthy in besagter Hand. Ich war hin und weg von der dystopischen Welt, die, anders als die meisten Vertreter des Genres, ernsthaft bedrohlich und endzeitlich wirkte. Der wahre Hintergrund der Apokalypse bleibt unklar, wie auch die Ausmaße der Ereignisse. Man verfolgt bloß den Weg eines Vaters und seines Sohnes auf einer Straße in Richtung Küste. Alles Leben ist tot. Keine Pflanzen und Tiere. Nur noch vereinzelt Menschen, die ums Überleben kämpfen.

Ein spärlicher Endzeit-Roman, mit verzweifelten Menschen in einer naturlosen Welt? Klingt traurig und ist es auch. Es ist in den Augen vieler eines der wichtigsten Bücher der letzten Dekaden. Für mich gehört der Roman zur Plichtlektüre. „The Road“ reiht sich nahtlos ein in die Riege dystopischer Klassiker wie „Brave New World“ und „1984“.

Mich überzeugte folgendes Zitat vom britischen Umweltschützer George Monbiot:

“It could be the most important environmental book ever. It is a thought experiment that imagines a world without a biosphere, and shows that everything we value depends on the ecosystem.”
The Guardian: 50 people who could save the planet

Marco Polo

Marco Polo ist eine Serie über den jungen Entdecker… Marco Polo. Bislang hatte ich es ja nicht so mit historischen Serien. Irgendwie faszinieren mich diese Kostümfilme nicht. Und wenn ein Schuss Fantasy es besser machen soll, ist mir das in der Regel auch egal, weil mir klassische Tolkien-Fantasy egal ist.

Die Ausnahme all dieser Regeln war bislang Game of Thrones. Die Serie, mit der sich Marco Polo messen muss. Beides sind nicht nur, mit gewaltigem Produktionsaufwand, die teuersten Serien unserer Zeit, sie teilen sich auch Intrigen, Brutalität und nackte Haut. Und trotz vieler Gemeinsamkeiten bin ich kein Freund dieses Vergleichs. 

Marco Polo hat auch eine Daseinsberechtigung, obwohl es Game of Thrones gibt. Den wichtigsten Unterschied nehme ich gleich vorweg: Marco Polo stirbt nicht. Niemand stirbt unerwartet. Viel mehr überleben unerwartet. Marco Polo ist typisch Hollywood, wenn es ums Überleben geht. Das mag nun für viele langweilig sein, aber ich bin sehr froh über die Entscheidung. Denn eines können die Macher von Marco Polo nicht immer gut. Und das ist Charakterentwicklung. Ich baute immer wieder hohe Erwartungen auf, wenn eine Figur näher beleuchtet wurde und eine neue Facette aufgedeckt wurde, nur um dann festzustellen, dass diese Facette ins Nichts führte. Man wird oft mit Hintergrundgeschichten angeteasert, und lässt sie dann fallen. Vielleicht geht es mir auch zu langsam. Deshalb habe ich die Hoffnung, dass sich einige Teaser in den kommenden Staffeln entfalten können.

Weswegen ich eigentlich angefangen habe, Marco Polo zu gucken, ist das frische Setting. Wir haben es mit einer mittelalterlichen Welt zu tun, die nicht Europa ist. Yay! Marco Polo spielt im 13. Jahrhundert am Hofe von Kublai Khan, Enkel von Dschingis Khan. Kublai Khan ist Herrscher über das größte Weltreich, das vom Rande Europas über Asien bis nach China reicht. Er ist offen für fremde Kulturen und Religionen und doch ist er wie seine Vorfahren ein erbarmungsloser Tyrann. Marco Polo gerät wegen seines Vaters, Niccolò Polo, gezwungenermaßen in die Dienste des Khans. Zunächst als Sklave gefangen, entdeckt der Khan Gefallen an der Beobachtungsgabe des jungen Italieners und nimmt ihn unter seine Fittiche. 

Gemeinsam mit Marco erkunden wir diese faszinierende Welt mit ihren mongolischen und chinesischen Werten. Wir blicken in die Vergangenheit, denn vieles ist so oder ähnlich passiert. Doch das ist nur die Basis, von der aus viel hinzugedichtet wird. (Was ich nicht kritisch finde, aber man sollte es wissen.) Fantasy-Elemente kommen (bislang) nicht vor. Sie wurden meiner Meinung nach durch etwas viel besseres ersetzt: Martial Arts. Es wird gekämpft in Marco Polo und zwar ohne stumpfe Haudraufgewalt, sondern in kreativer Choreografie. Die Kämpfer fliegen, fallen und drehen sich durch die Gegend – mit und ohne Schwert. Für mich eine der besten Abwechslungen im Serienbereich. 

Für Abwechslung sorgen auch die Landschaftsaufnahmen der weiten, leeren Steppe, der stimmungsvolle Einsatz von Licht und Schatten und die Besetzung. Selten haben ich so viele eindrucksvolle Gesichter in einer Serie gesehen. Da, wo das Drehbuch schwächelt, bleibe ich trotzdem erwartungsvoll an der Mimik und Gestik der Darsteller hängen. Bei Marco Polo macht’s die Stimmung spannend und nicht die Geschwindigkeit der Geschichte. 

Wer also auch ein Faible für asiatische Kultur hat, dem sei Marco Polo ans Herz gelegt. Alle anderen schauen Probe.

Interstellar (2014)

Christopher Nolan ist wahrscheinlich mein aktueller Lieblingsregisseur. Nach seinem Klassiker „Memento“, der „Dark Knight“-Trilogie und dem Traumprojekt „Inception“ hat Nolan sein Spektrum nun um das nächste Genre erweitert. Mit „Interstellar“ liefert er seinen ersten waschechten Science-Fiction-Film.

Die Welt ist nach Jahrzehnten der Verschwendung dem Untergang geweiht und der ehemalige Astronaut Cooper geht auf Mission, um einen neuen Planeten für die Menschheit zu finden.

Seit Jahren trage ich eine Faszination für die Weiten des Weltalls in mir. Sterne, Raumsonden und die Reise ins Unendliche haben mich schon immer interessiert. Ich war noch nie ein großer Science-Fiction-Nerd, aber die neun acht Planeten in unserem Sonnensystem habe ich schon als Kind auswendig gelernt und die aktuelle Rosetta-Mission verfolge ich begeistert.

„Interstellar“ ist Wissenschaft im Hollywoodgewand und ich liebe es. Ich liebe die Einflüsse aus Genreklassikern wie Kubricks „2001: A Space Odyssey”. Ich liebe die klassische analoge Filmtechnik, mit der kompromisslos ohne 3D gedreht wurde. Ich liebe die wissenschaftliche Korrektheit. Ich liebe die nervenaufreibende Spannung à la „Gravity“. Ich liebe Filme, die man noch im Kino gucken muss!

Her (2013)

Wie sehen Beziehungen aus, wenn jeder mit Google Glass und einer Apple Watch durch die Gegend rennt, mit Siri und Cortana redet und keinen Menschen um sich herum beachtet? In der hyperdigitalen Welt von übermorgen sind Computer ständige Weggefährten und unser soziales Zentrum.

Wie weit das soziale Techtelmechtel zwischen Mensch und Maschine gehen kann, zeigt Spike Jonze in seinem Film „Her“. Theodore Twombly, der hauptberuflich Liebesbriefe schreibt, verliebt sich darin in sein Betriebssystem Samantha. Samantha hat keinen Körper, sondern ist nur in Form ihrer Stimme anwesend. So entsteht ein wunderschönes und dichtes Kammerspiel zwischen Joaquin Phoenix und der Stimme von Scarlett Johansson. 

Besonders begeistert hat mich die Darstellung der Zukunft. „Her“ wurde in Shanghai gedreht und die Stadt wurde zu meinem heimlichen Star des Films. Spike Jonze beweist durch subtile Anpassungen von Mode und Architektur sehr viel Stil – fernab von allen dystopisch-zerstörten oder klinisch-modernen Zukunftsvisionen, auf die sonst zurückgegriffen wird. 

Kurzum: Ich mag „Her“.

Die Sims 4

Mein Name ist Eduard, ich bin 23 Jahre alt und ich spiele „Die Sims 4“. 

Ich habe eine Schwäche für seichte Simulationsspiele. Ich will keine Kriege und ich brauche keine Konkurrenz, um mich in einem Spiel zu profilieren. Ich mag es, in aller Ruhe Achterbahnen in „Rollercoaster Tycoon“ zu bauen, die Eintrittspreise zu bestimmen und die Parkbesucher zu beobachten. In „Prison Architect“ habe ich mir zum Ziel gesetzt, ein faires Gefängnis zu errichten, ohne dass ein Insasse ausbricht oder andere ermordet. Ich stehe vermutlich auf kontrollierten Voyeurismus.

Jeder kennt „Die Sims“, oder? 

Ich liebte „Die Sims“, weil ich fantasievolle Häuser bauen konnte, die verrückten Bewohner erstellte und sie in ihrem Alltag begleitete. Seit dem ersten Teil sind nun 14 Jahre vergangen und ich habe in der Zwischenzeit keinen der neueren Teile länger als ein paar Minuten gesehen oder angespielt. Ich habe also 14 Jahre Entwicklung verpasst. 

Es ist mir schon ein wenig peinlich, dass ich nun als erwachsener Mann stundenlang virtuelle Figuren erstelle, verfolge und beeinflusse. Doch was soll ich sagen? „Die Sims 4“ fühlt sich tatsächlich an wie eine moderne Version des Vorgängers. Die Figuren brabbeln in der witzigen Fantasiesprache Simlisch und sie verzaubern mich mit ihrer übertriebenen Mimik und Gestik. Ich schwelge in nostalgischen Gefühlen, während sich vor meinen Augen Geschichten entwickeln, die ich gespannt verfolge. Ich habe noch nie ernsthaft eine Soap Opera gesehen, aber damit lässt es sich wohl am besten vergleichen. Es ist eine Serie über Freunde, Familie und Nachbarn und ich führe Regie.

Invictus

William Ernest Henley schrieb das Gedicht Invictus, als man ihm seinen zweiten Fuß amputieren wollte. Nelson Mandela schöpfte Kraft und Hoffnung aus diesen Worten, als er in Haft saß. Unbezwingbar wollten diese Männer sein. Unbezwungen sollte die südafrikanische Rugbymannschaft 1995 die Weltmeisterschaft gewinnen.

In Invictus verfilmt Clint Eastwood den Amtsantritt von Nelson Mandela und wie dieser die Rugbyweltmeisterschaft als Instrument der Einheit nutzte. Wer sich für starke Worte, Geschichte und ein positives Grundgefühl begeistern kann, sollte sich diesen Film unbedingt ansehen.